Die Modellflieger trafen sich an Pfingsten auf der Wasserkuppe. Der 2. Vorsitzende der MFK war diesmal nicht dabei. Man hatte ihn in diesen Tagen ins Krankenhaus gebracht. Er starb am 08.06.1966 im Alter von 69 Jahren. Bis zuletzt war er voller Hoffnung auf Wiedergenesung und beschäftigte sich unentwegt mit Plänen für eine Zukunft, die er nicht mehr erleben sollte.
Alfried Gymnich war eine achtungsgebietende Persönlichkeit. So hingebungsvoll und freundlich er im engen Kreis sein konnte, so kantig und unbeugsam trat er auf, wenn es darum ging, die Anliegen seiner Freunde und Gefährten zu vertreten.
Kaum jemand, der ihm öfter begegnete, hat es nicht erlebt, dass dieser durchaus unbequeme Mann, allen Widersachern zum Trotz, auf nahezu verloren geglaubten Posten kämpfte.
Überzeugend im Gespräch, schlagfertig in der Diskussion und treffsicher in seinen Pointen – so kannte man Alfried Gymnich, wenn er etwas zu äußern hatte. Als Schriftsteller und Mann der Presse bediente er sich eines vorzüglichen Stils. Eine Rundfunkanstalt sicherte sich seine Dienste als Lektor, da seine Urteilsfähigkeit in allen Fragen des gesprochenen und geschriebenen Wortes hoch geschätzt wurde. Verleger rechneten es sich zur Ehre an, mit ihm zusammenzuarbeiten. Bedachtsam in der Wahl des Ausdrucks konnte er technische Dinge ebenso formvollendet beschreiben wie sportliche Ereignisse und alles, was ihm sonst am Herzen lag. Er war ein intimer Freund der Sprache, die er meisterhaft beherrschte.
Als junger Verkehrspilot versah Alfried Gymnich zunächst den Dienst auf inländischen und südamerikanischen Routen – das war in der Zeit der Junkers F-13. Auf der Ju-52 flog er später als Flugkapitän der alten deutschen Lufthansa und schließlich als ehemaliger Lufthansaangestellter den jungen Modellfliegern zum unermüdlichen Ratgeber und Freund.
Das sichere Wissen, den stets engagierten alten Herren in seinem Heim vorzufinden, wenn man ihn brauchte, hatte für viele etwas Tröstliches. Seit dem 08.06.1966 vermisst man ihn dort in tiefem Leid.
Quelle: Mechanikus Ausgabe vom 08.1966 / G. Schreiber Anm. d. Red.: s. Me. 7/66, S. 308
Der Rekordflug über eine Distanz von 32 km war nach 43 min 3,5 sec zu Ende. Die Vorbereitungen hatten länger gedauert. Anfänglich kam es darauf an, die etwas weiter zurückliegenden Rekordversuche amerikanischer Modellflieger zu studieren und dabei herauszubringen, welche Leistungen von ihnen unter was für Bedingungen erflogen worden waren. Indem er die festgestellten Tatsachen berücksichtigte, entwickelte Winfried Kaiser dann ein speziell ausgelegtes Flugmodell, von dem er annehmen durfte, dass es sich für den Langstreckenflug besonders gut eignen würde. Allgemeine Erinnerungen an die historische Form der „Spirit of St. Louis“ scheinen mit im Spiel gewesen zu sein. Jedenfalls fiel auch hier die Wahl auf einen Schulterdecker, der eine beträchtliche Tank-Kapazität haben sollte. Nicht alle Flugversuche des neuen Modells verliefen von Anfang an zufriedenstellend. Die besseren Erfolgschancen begannen sich erst im Lauf der Zeit abzuzeichnen. Zum Schluss hing das meiste nur noch von der Wahl des Zeitpunktes ab.
Für den 19. Oktober 1968 hatten die Meteorologen günstiges Wetter vorhergesagt. Als man an diesem Tag bei der in Aussicht genommenen Startstelle eintraf, herrschten dort auch tatsächlich die erfolgversprechenden Bedingungen, die der Prognose entsprachen. Der Rekordversuch sollte auf der Bundesstraße 404 in der Nähe von Trittau beginnen; für die Landung war ein Geländeabschnitt vorgesehen, der in der Luftlinie 32,1 km vom Startplatz entfernt, in der Nähe des Dorfes Schwissel lag.
Der Start des Rekordmodells glückte auf Anhieb. Der Motor lief einwandfrei, und das Modell stieg langsam. Der Pilot hatte in einem Wagen mit Schiebedach Platz genommen und zwängte sich mehr stehend als sitzend durch die Luke. Während er im Fahrtwind den Sender bediente, machten sich auch die Sportzeugen mit ihren Wagen auf den Weg und nahmen die Verfolgung auf. Nach der schon eingangs erwähnten Flugzeit von 43 Minuten und 3,5 Sekunden wurde der Zielpunkt erreicht, und das Modell setzte elegant auf der dafür in Aussicht genommenen Wiese auf.
Das Modell, das Winfried Kaiser für die Zwecke seines Rekordfluges entworfen, konstruiert und gebaut hat, ist ein Schulterdecker mit einer Spannweite von 2560 mm (vgl. Übersichtszeichnung). Eigenartig und in ähnlicher Form nur bei wenigen Modellen zu sehen die Sperrholz-Scheibenräder aus Plexiglas, die Kaiser als Fahrwerk verwendete. Zur Begründung gibt er an, es sei ihm auf eine Verringerung des Luftwiderstandes angekommen — und die Sperrholzscheiben hätten nun einmal eine geringere Stirnfläche als Ballonreifen. Da zum Start eine Asphaltpiste — genauer gesagt ein ausgebauter Feldweg — zur Verfügung stand, erfüllte auch das „Oldtimer-Fahrwerk“ seinen Zweck in zufriedenstellender Weise.
Der Motor war ein Enya 60 II TV mit einem Enya-Spezial-Vergaser, der bei uns noch nicht ohne weiteres erhältlich ist. Unser Rekordmann hat ihn sich eine Woche vor dem Start beim Hersteller in Tokio persönlich abgeholt. Man ist eben doch seiner Zeit ein bisschen voraus, wenn man als Flugkapitän der Boeing 707 Langstrecken befliegt, und es hat seine Reize, wenn man dabei ab und zu einmal auch die Fernost-Dienste versieht. Vom Hersteller der Enya-Motoren stammt übrigens auch das Rezept für die Spezialmischung des Treibstoffs. In Anbetracht der Außentemperatur, mit der in Europa um diese Jahreszeit zu rechnen war, empfahl Herr Enya dem deutschen Modellflieger eine Mischung aus 15 % Castrol Rizinusöl, 2,5 % Nitromethan und 82,5 % Methylalkohol. Für unsere Begriffe wäre dies zwar eine Mischung gewesen, die doch ein wenig außerhalb der üblichen Normen liegt; mit ihr lief der Motor aber einwandfrei und war außerdem im Verbrauch sehr sparsam. Die beiden Tanks, von denen der vordere 500 ccm und der Hauptbehälter 1000 ccm fasste, enthielten Kraftstoff für etwa 2 Stunden Flugdauer. Das mit seinem Modell Nonstop-Flüge über derartige Zeiträume wirklich ausgeführt werden können, hatte W. Kaiser vor seinem Rekord mehrmals unter Beweis gestellt.
An diesem 19. Oktober hing es also nur von ihm selbst ab, ob er den Rekord mit z. B. 90 km oder aber über eine geringer Distanz aufstellen wollte. Zum einen Teil war es Selbstbeschränkung, wenn seine Rekordmarke heute auf 32 km steht. Zum andren Teil wurden auch die Verkehrslage auf der Bundesstraße im Fortgang der Ereignisse immer ungemütlicher; es war doch einer der letzten schönen Sonnenabende im Herbst.
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